Grundsteinlegung zu unserer neuen Augenklinik in Mora

Am frühen Morgen des 28. November 2022 holen Mme Aïchatou Sali und ihr Fahrer Dr. Raoul Cheuteu, meinen Bruder Günter Thoren und mich an unserem Hotel in Maroua ab. Über die perfekt ausgebaute RN1 geht es in einer knappen Stunde zum gut 50 km weiter nördlich gelegenen Mora.

Während Dr. Cheuteu sich an der Baustelle unserer neuen Augenklinik um die letzten Vorbereitungen der Grundsteinlegung kümmert, werden Günter und ich bei Mme Sali in deren Privathaus „geparkt“. Und so verbringen wir mit ihr erst einmal eine sehr angenehme und unterhaltsame Stunde in angeregter Atmosphäre. Mme Sali hat das Grundstück für den Klinikneubau in Mora zur Verfügung gestellt und auch sonst eine hohe Bedeutung für unsere Arbeit in Kamerun.

Mme Aïchatou Sali vor ihrem Haus in Mora

Im Bericht „Kamerun-Reise November 2022“ vom 13.12.22 habe ich dieses Thema auf dieser Website bereits angesprochen: „Sie ist der eigentliche Auslöser dafür, dass es die Augenhilfe Afrika überhaupt gibt. Anfang 2013 hatte Dr. Giles Kagmeni ihren blinden Vater am Grauen Star operiert und ihm das Augenlicht wiedergegeben, woraufhin sie Dr. Kagmeni und Dr. Cheuteu überzeugte, in Mora in Nord-Kamerun, wo sie zu Hause ist und wo es erschreckend viele blinde Menschen gibt, eine OP-Kampagne durchzuführen, die sie dann komplett finanzierte. …. Durch diese Aktion entstand bei unseren beiden Augenärzten überhaupt erst die Idee zur Einrichtung einer mobilen Augenklinik. Dr. Cheuteu suchte wenige Monate später zu Pfingsten 2013 in Korschenbroich Hilfe, und noch im gleichen Jahr wurde die Augenhilfe Afrika e.V. gegründet.“

Der Ort des Festaktes der Grundsteinlegung
Viele Gäste sind bereits angekommen.
Mme Aïchatou Sali und der Autor dieses Berichtes
Trommlergruppe

Kurz vor 10.00 Uhr werden Mme Sali, Günter und ich von Dr. Cheuteu abgeholt und zum Bauplatz gebracht. Die Lage der neuen Augenklinik am südlichen Ortseingang von Mora ist geradezu perfekt gewählt. Die Klinik liegt unmittelbar an der RN1, der Hauptverkehrsachse Kameruns in Nord-Süd-Richtung, und wird in Zukunft ganz sicher eine Art Visitenkarte von Mora sein, ein Leuchtturm-Projekt und eben auch das Allererste, was der Reisende von Mora zu sehen bekommt – und dann hoffentlich nachhaltig in positiver Erinnerung behält.

Neben dem Baugelände sind anlässlich des Festaktes der Grundsteinlegung für die geladenen Gäste mehrere Baldachine zum Schutz gegen die glühende Sonne aufgebaut. Es hat sich bereits eine Vielzahl von Menschen eingefunden. Lediglich der hochrangigste Gast, der Präfekt von Mayo Sava, M. Roger Saffo, fehlt zunächst noch. Eine Trommlergruppe sorgt derweil für Unterhaltung.

Erwartungsvolles Publikum – Günter Thoren neben Mme Aïchatou Sali
Der Präfekt M. Roger Saffo (M.) trifft ein.

Als der Präfekt schließlich eintrifft, kann die Veranstaltung beginnen. Dr. Cheuteu hat alles perfekt organisiert, und der Festakt läuft wie geplant ohne Probleme ab, zumindest wenn man von gewissen Aussetzern der Mikrofon-Anlage absieht.

Die Eröffnungsrede hält der Bürgermeister von Mora. Es folgt ein exotisch anmutender Tanz von mehreren farbenfroh gekleideten Damen in langen und vornehmen Gewändern, eröffnet und angeführt von Mme Sali.

Gruppenbild der Honoratioren
Der Bürgermeister von Mora hält die erste Rede.
Tanzvorführung

Video: Die Tanzgruppe wird von Mme Aïchatou Sali angeführt.

Ich selbst habe meine Rede, die als Nächstes auf dem Programm steht, in drei Sprachen vorbereitet und trage auf Anraten von Dr. Cheuteu schließlich die englische Version vor, wohl deshalb, weil er meinem Französisch nachvollziehbarerweise nicht so recht über den Weg traut. Alle anderen Ansprachen sind in Französisch gehalten, doch Kamerun ist ja offiziell zweisprachig und die englische Sprache daher zumindest dem anwesenden gebildeten Publikum einigermaßen vertraut.

Meine Rede handelt von meinen inzwischen fünf Besuchen in Kamerun, den Teilnahmen an verschiedenen OP-Kampagnen, den von uns gebauten Augenkliniken und natürlich auch von der Stiftung Lichtblicke in der Welt, die ja die jetzt zu bauende Klinik in Mora komplett finanziert. Zum Abschluss formuliere ich den Wunsch, dass die neue Augenklinik in Mora dem Wohl der lokalen Bevölkerung dienen und die traditionelle Freundschaft zwischen Kamerun und Deutschland vertiefen möge.

Die zweite Ansprache …
… wird gehalten …
… vom Autor dieses Berichtes.

Auf meine Rede folgt die Ansprache von Dr. Cheuteu. Und nach dem Auftritt einer weiteren Musikergruppe kommt schließlich auch der Präfekt von Mayo-Sava, M. Roger Saffo, an die Reihe.

In den Reden von Bürgermeister und Präfekt tauchen mehrere Male die Begriffe „Stiftung Lichtblicke in der Welt“ und „Augenhilfe Afrika“ auf. Und jedes Mal zaubern diese Worte ein Lächeln in mein Gesicht, denn die Redner tun sich mit diesen ungewöhnlichen und für sie zungenbrecherischen deutschen Worten doch einigermaßen schwer.

Dr. Raoul Cheuteu …
… bei seiner Ansprache
Schließlich kommt auch der Präfekt M. Roger Saffo an die Reihe.

Nach den vier Ansprachen erfolgt die eigentliche Grundsteinlegung. Einige Auserwählte, zu denen auch ich gehöre, dürfen mit einer Truffel (hochdeutsch Maurerkelle) eine Handvoll Spieß (hochdeutsch Mörtel) in und um den auserwählten Grundstein herum drapieren. Damit ist das Wesentliche erledigt, den Formalitäten Genüge getan, und es muss in den nächsten Monaten nur noch der „Rest“ des Gebäudes hochgezogen werden.

Der Akt der Grundsteinlegung rückt näher.
Der Präfekt M. Roger Saffo in Aktion

Ein Kamerateam des kamerunischen Fernsehens versucht, das Geschehen des Vormittags in Bild und Ton festzuhalten. Am Abend und auch mehrmals am Folgetag sendet das Fernsehen dann kamerunweit in den Nachrichtensendungen eine gut einminütige Zusammenfassung, in den französischsprachigen Landesteilen in einer französischen Version und in den englischsprachigen Landesteilen in einer etwas anders aufgebauten englischen Fassung.

Mme Aïchatou Sali gibt dem Fernsehen ein Interview.

Video: Zusammenfassung des kamerunischen Fernsehens in der französischen Version

Video: Zusammenfassung des kamerunischen Fernsehens in der englischen Version

Den Abschluss des Festes bildet dann ein unter offenen Zelten vorbereitetes Bankett mit viel Speis und Trank. Damit ist der offizielle Teil der Grundsteinlegung endgültig vorbei. Dr. Cheuteu, Mme Sali, mein Bruder Günter und ich lassen uns dann auf der Baustelle noch vom Bauleiter die nächsten Bauabschnitte erklären.

Und hier wird nach der eigentlichen Grundsteinlegung …
… für das leibliche Wohl gesorgt.

Ich nutze die Chance, mit der ebenfalls anwesenden Mariama zu sprechen, die ich bereits 2014 in Mora kennengelernt habe und die uns seitdem bei vielen OP-Kampagnen im kamerunischen Norden unterstützt hat, vor allem mit Hilfe ihrer vielfältigen Sprachkenntnisse. Wie schon im Bericht „Kamerun-Reise November 2022“ auf dieser Website erwähnt arbeitet sie aktuell in einem Projekt zur Resozialisierung von ehemaligen Boko-Haram-Angehörigen.

Unter den Gästen befindet sich auch der Hotelier Norbert Stede, der ursprünglich aus Köln stammt, 1985 in Maroua das Hotel Relais Porte Mayo übernommen und anschließend zur Top-Adresse für Reisende ausgebaut hat. Er verfügt über vielfältige Kontakte in der Region und ist für die unmittelbare Zukunft, die Bauphase und die Zeit danach, für uns definitiv ein wichtiger Ansprechpartner.

Der Autor im Gespräch mit Norbert Stede (l.) und Mariama
Günter Thoren und Dr. Raoul Cheuteu tauschen sich aus. Rechts der Bauleiter
Dr. Raoul Cheuteu und Mme Aïchatou Sali

Wie schon im Bericht „Bau der dritten Augenhilfe-Klinik in Kamerun“ vom 19.8.22 auf dieser Website bekannt gegeben, stellt die Stiftung Lichtblicke in der Welt der Augenhilfe Afrika 210 TEUR zur Verfügung, um die neue Augenklinik in Mora zu errichten. In diesem Betrag ist nicht nur das Gebäude enthalten, sondern auch ein Brunnenbau zur Sicherstellung einer zuverlässigen Wasserversorgung, die Ausstattung mit augenmedizinischem und augenoptischem Gerät sowie die Ausbildung von drei jungen Kamerunern aus der Region zum/r Krankenpfleger/in, Augenoptiker/in und MTA. Der Name der neuen Klinik wird „Clinique Ophtalmologique Lichtblicke in der Welt – Fondation Mora“ sein. Die Eröffnung ist für das erste Halbjahr 2024 geplant.

So soll die neue Augenklinik in Mora einmal aussehen.
Die Vorstände der Stiftung Lichtblicke in der Welt: v.l. Eberhard Steigerwald, Hans-Jürgen Zweigner, Frank Zweigner

Das Einzugsgebiet der neuen Augenklinik endet nicht an den relativ nahen Landesgrenzen Kameruns, sondern erstreckt sich bis weit hinein in die Nachbarstaaten Nigeria und Tschad.  Die neue Klinik in Mora wird das einzige Augenheilkunde-Zentrum für Blinde und Sehbehinderte in der diesbezüglich bislang völlig unterversorgten Region sein.

Vor der Rückfahrt von Mora nach Maroua wollen wir noch Haoua Yousuffa und ihre beiden Söhne Ibrahim und Mohammed besuchen. Die drei verbindet eine lange Geschichte mit der Augenhilfe Afrika. Alle drei litten unter einer sehr seltenen genetisch bedingten Sonderform des Grauen Stars, dem sogenannten Weihnachtsbaum-Kararakt (Christmas Tree Cataract), bei dem die geschädigte Linse nicht flächig weiß erscheint, sondern gesprenkelt.

Prof. Kagmeni hatte die Mutter und ihre Söhne in mehreren Etappen in den Jahren 2013, 2014 und 2020 erfolgreich operiert. Bei der OP-Kampagne 2014 in Mora, der ersten von der Augenhilfe Afrika finanzierten Kampagne überhaupt, war ich selbst dabei und hatte die Familie kennengelernt. Das angestrebte Wiedersehen gelingt aber leider nur teilweise. Denn Kamerun hat am selben Tag bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar ein völlig überraschendes und spätes 3:3 gegen Serbien erkämpft, und in Mora feiert die gesamte Bevölkerung dieses unerwartet positive Ergebnis. Die Straßen sind voll mit winkenden und jubelnden Menschen. Ibrahim und Mohammed feiern offenbar kräftig mit und sind jedenfalls für uns und ihre Eltern unauffindbar. Immerhin treffen wir aber die Mutter und ihren Ehemann zu Hause an.

Die Bevölkerung von Mora feiert das Unentschieden gegen Serbien.
Haoua Yousuffa und ihre Söhne Ibrahim und Mohammed unmittelbar nach ihren Operationen 2014
Links bzw. rechts Haoua Yousuffa und ihr Ehemann, in der Mitte Mme Aïchatou Sali und Dr. Raoul Cheuteu

Einen kurzen Stopp machen wir anschließend noch am Centre de Promotion de la Femme et de la Famille de Mora. Genau hier hatten wir 2014 die allererste OP-Kampagne der Augenhilfe Afrika durchgeführt.

Dr. Raoul Cheuteu und Mme Aïchatou Sali vor dem Centre de Promotion de la Femme et de la Famille de Mora

Danach geht es zurück nach Maroua, am nächsten Morgen, Dienstag 29.11., mit dem Flugzeug nach Yaoundé und am Donnerstagabend schließlich mit Brussels Airlines nach Europa. In Korschenbroich kommen wir wohlbehalten, wenn auch etwas müde, am Freitagmorgen, dem 2.12.2022, an.

Eine spannende und hochinteressante Reise geht damit zu Ende. Unsere beiden Augenärzte, Dr. Raoul Cheuteu und Prof. Dr. Giles Kagmeni, haben vor allem bei der OP-Kampagne in Mokolo wieder einmal einen fantastischen Job gemacht, was man gar nicht oft genug betonen kann. Mein Bruder Günter und ich haben viel gesehen und erlebt und jetzt einen ganzen Sack voll Aufgaben im Gepäck mitgebracht, die unmittelbar oder in naher Zukunft angegangen werden müssen und einiges an Geld kosten werden. Geld, das wir nur mit tatkräftiger Unterstützung unserer treuen Spender werden aufbringen können.