Trotz Bürgerkrieg: Erfolgreiche OP-Kampagne in Kumba im Südwesten Kameruns

Kumba ist die Hauptstadt des Departements Mémé in der Southwest Region im englischsprachigen Teil Kameruns. Seit 2016 herrscht hier ein furchtbarer Bürgerkrieg mit niedergebrannten Dörfern, Massakern an Schulen, Plünderungen, Entführungen und Vergewaltigungen. Separatisten versuchen, die englischsprachigen Regionen Northwest und Southwest vom ansonsten französischsprachigen restlichen Kamerun abzuspalten. Wie immer in solchen Konflikten sind Zivilisten die Hauptopfer der gewalttätigen Auseinandersetzungen. 3.500 Menschen wurden bereits getötet, und mehr als 700.000 mussten nach Nigeria und in die französischsprachigen Regionen Kameruns fliehen. In den deutschen Medien erfährt man über diesen blutigen Konflikt und die Hintergründe bedauerlicherweise so gut wie nie etwas.

Kumba liegt im Südwesten Kameruns.
Prof. Dr. Giles Kagmeni vor dem Krankenhaus in Kumba

Die Stadt Kumba verfügt über ein Krankenhaus, das Kumba Regional Hospital Annex, in dem Clara Menondem, eine Krankenschwester für Augenheilkunde, seit mehreren Jahren arbeitet. Vor einiger Zeit hat sie in der Augenabteilung der Universitätsklinik Yaoundé, die von Prof. Dr. Giles Kagmeni geleitet wird, an einer umfangreichen Weiterbildungsmaßnahme zum Thema Augenheilkunde teilgenommen. Ende 2023 nimmt sie Kontakt mit ihrem ehemaligen Lehrer Prof. Kagmeni auf und berichtet ihm von den vielen hilfesuchenden Sehbehinderten und Blinden in ihrer heimatlichen Region. Prof. Kagmeni entscheidet spontan, im Krankenhaus von Kumba eine OP-Kampagne durchzuführen. Es wird unsere erste OP-Kampagne im englischsprachigen Teil Kameruns sein.

Vom 21. – 28. Januar 2024 findet diese Kampagne im Hospital von Kumba statt. Wegen der Gefahrenlage im Bürgerkriegsgebiet sorgen die Behörden mit speziellen Maßnahmen, die nicht publik gemacht werden sollen, sowohl bei der An- und Abreise als auch vor Ort in Kumba für die nötige Sicherheit des Augenhilfe-Teams.

Die Entfernung zwischen der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé und Kumba beträgt immerhin 375 Straßenkilometer, wofür etwa 8 anstrengende Stunden Autofahrt benötigt werden. Ein Teil des Teams mit MTA Anthony Akpeni, Ezéchiel Guedaya und Pascal Wirsiy reist am 21. Januar sogar aus dem noch viel weiter südlich gelegenen Ambam an. Die Entfernung von dort nach Kumba beträgt etwas mehr als 500 Kilometer, wofür mit dem Auto volle 10 Stunden erforderlich sind.

Prof. Kagmeni und MTA Fred Chilla stoßen erst zwei Tage später, also am 23. Januar, aus Yaoundé kommend zum Team. Zu diesem Zeitpunkt haben Frau Menondem und die Mannschaft aus Ambam bereits viele der in großer Zahl erschienenen Patienten und Patientinnen untersucht und begonnen, diejenigen auszuwählen, die für eine OP in Frage kommen, so dass das Augenhilfe-Team bereits am Folgetag, dem 24. Januar, mit den OPs beginnen kann.

Prof. Dr. Giles Kagmeni (3.v.l.) mit einem Teil des Teams vor dem Kampagnenstart in Kumba
Patienten und Patientinnen warten auf ihre OP. Pflaster auf der Stirn zeigen an, welche Augen operiert werden sollen.
Die beiden Pflaster auf der Stirn bedeuten, …
… dass eine beidseitige Graue-Star-OP ansteht.

Unser zweiter Augenarzt, Dr. Raoul Cheuteu, kann an der Kampagne in Kumba leider nicht teilnehmen, da er zeitgleich weit entfernt in Mora in Nord-Kamerun mit der Organisation der Aktivitäten beim Neubau unserer dritten Augenklinik beschäftigt ist. Also muss Prof. Kagmeni in Kumba als einziger verfügbarer Augenarzt alle anstehenden OPs allein durchführen. Und es werden sehr viele OPs, so viele wie noch nie bei einer unserer Kampagnen.

Dies liegt daran, dass wir beschlossen haben, die Anzahl unserer OP-Kampagnen pro Jahr zu reduzieren, ohne dabei Abstriche bei der Anzahl der Untersuchungen und vor allem der OPs zu machen. Es geht dabei um die Verringerung der „Rüstzeit“ oder anders gesagt darum, mit weniger zeitlichem Aufwand ein zahlenmäßig vergleichbares Ergebnis an untersuchten Augen, durchgeführten Operationen und maßgeschneiderten Brillen zu erzielen. Dies soll gelingen durch entsprechende Verlängerung der verbleibenden Kampagnen. Bisher war die Zielzahl der OPs bei unseren Kampagnen immer 50, bei jeweils zwei Operationstagen. In Kumba operiert Prof. Kagmeni dagegen an drei OP-Tagen insgesamt anderthalbmal so viele, nämlich 75 Augen, alle ohne Ausnahme an Grauem Star bzw. Katarakt.

Das Team um Prof. Dr. Giles Kagmeni (M.) im Operationssaal
Prof. Dr. Giles Kagmeni bei der Anästhesie …
… und mit einer gerade frisch einseitig operierten Patientin
Einseitig …
… operierte Patientinnen
Eine beidseitig operierte Patientin wird aus dem OP-Saal geführt.
Bald kann diese Frau endlich wieder sehen.
Männer sind in Kumba zwar in der Minderheit, werden aber natürlich auch operiert. 🙂

Die Anzahl der untersuchten Augen ist in Kumba mit 1.086 ebenfalls so hoch wie nie zuvor. Denn der Patientenandrang ist gewaltig, und das Augenhilfe-Team länger vor Ort verfügbar als bei irgendeiner anderen der bisherigen Kampagnen. Erstaunlicherweise liegt der Frauen-Anteil in Kumba sowohl bei den hilfesuchenden Blinden und Sehbehinderten als auch bei den Operierten bei weit über 60%.

Bei 20 Patienten bzw. Patientinnen operiert Prof. Kagmeni beide Augen und bei 35 weiteren nur einseitig. Insgesamt ergeben sich daraus die bereits genannten 75 OPs.

Die herausoperierten kranken Linsen kommen in verschiedensten Farben daher.

Bei der Kampagne in Kumba werden aufgrund der speziellen Randbedingungen keine maßgeschneiderten Brillen angefertigt, sondern lediglich 100 Lesebrillen kostenlos an Schlechtsehende verteilt.

Um die frisch operierten Augen zu schützen, werden den Patienten nach Abnahme der Verbände zum ersten Mal bei einer unserer OP-Kampagnen durchsichtige, fest anliegende Augenabdeckungen angelegt.

Durchsichtige Augenabdeckungen sollen die Augen nach Abnahme der Verbände schützen.
Ein Teil der in Kumba operierten Patienten. Manche noch mit Verbänden, andere bereits mit den durchsichtigen Augenabdeckungen

Unsere OP-Kampagne in Kumba, die erste des gerade erst beginnenden Jahres 2024, ist ein voller Erfolg. Komplikationen an den operierten Augen treten keine auf, und alle Teammitglieder kehren nach erfolgreichem Abschluss der Kampagne unbehelligt und unbeschadet wieder nach Hause zurück. Der nicht ganz ungefährliche Einsatz im Bürgerkriegsgebiet in Südwest-Kamerun hat sich in vollem Umfang gelohnt. Viele Menschen haben ihr Augenlicht zurückerhalten und können wieder sehen.