Wer kennt das nicht? Man sitzt gemütlich im Restaurant, die Speisekarte liegt vor einem – und die eigenen Augen streiken. Die Schrift ist zu klein, das Licht zu schwach, eine Brille nicht verfügbar. Ein alltägliches Problem, das uns schnell die Freude am Essen verderben kann. Doch während wir uns in Europa über eine schlecht lesbare Speisekarte ärgern, ist eine Brille für viele Menschen in Afrika geradezu überlebenswichtig. Dort entscheidet die Sehstärke oft über Bildung, Beruf und sogar das tägliche Überleben. Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihre Kinder nicht mehr beim Spielen beobachten, Ihre Arbeit nicht mehr verrichten oder sich nicht mehr selbstständig im Haushalt bewegen. Für Millionen Menschen in Afrika ist dies die bittere Realität, wenn sie keine Brille haben. Mit einer passenden Brille können wir ihnen ein Stück Lebensqualität zurückgeben.
Während wir in Europa über kleine Alltagsprobleme klagen, kämpfen Menschen mit schlechtem Sehvermögen in Afrika oft buchstäblich um ihre Lebensgrundlage. Hier geht es nicht um die Auswahl von Speisen, sondern vielfach um das nackte Überleben. Der Alltag birgt oft Gefahren, die wir uns in Europa kaum vorstellen können. Die häufige Nutzung offenen Feuers beispielsweise führt immer wieder zu schweren Brandverletzungen. Blinde und sehbehinderte Menschen sind dabei ganz offensichtlich besonders gefährdet, wie das Beispiel von Tsoume zeigt.
Die stark sehbehinderte Frau, deren Gesicht bei einem Unfall am offenen Feuer schwer entstellt wurde, konnten wir 2020 während unserer OP-Kampagne in Dschang erfolgreich operieren. Tsoumes tief vernarbtes Gesicht war nach der OP immer noch ein erschütternder Anblick, aber sie konnte wieder sehen. Und die Operation in Verbindung mit einer passenden Brille gab ihr berechtigte Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Immer wieder begegnen wir in Afrika Menschen, die sich in ihrer Not selbst eine Sehhilfe gebastelt haben. Das geradezu klassische Beispiel dafür ist der im nächsten Foto gezeigte Mann, den wir bei unserer allerersten OP-Kampagne in Mora im Jahr 2014 angetroffen haben. Seine selbstgebastelte Brille, ein Flickwerk aus Draht und Glas, zeugt von seinem verzweifelten und wahrscheinlich erfolglosen Versuch, besser zu sehen. Der Fall erschien uns so typisch und markant, dass wir das Konterfei des Mannes bis heute für unsere Augenhilfe-Publikationen verwenden.

Das Thema Brillen ist aber viel facettenreicher. Denn schon viele Kinder mit Sehbehinderungen wachsen in Afrika ohne eine eigentlich absolut notwendige Brille auf, weil diese teuer sind und von ihren Familien nicht bezahlt werden können oder weil es in ihrem Ort weder einen Augenarzt noch einen Augenoptiker gibt, der helfen könnte. Einer ganzen Reihe solcher benachteiligten Kinder konnten wir bei unseren Kampagnen eine maßgeschneiderte Brille anpassen und aushändigen. Dadurch können sie zum Beispiel in der Schule dem Unterricht besser folgen, weil sie endlich in die Lage versetzt werden, genau zu sehen, was vorne an der Tafel geschieht. Ihre Lebensumstände verbessern sich durch die Brille in mancherlei Beziehung ganz entscheidend.

Laut WHO leben weltweit insgesamt 285 Millionen Menschen mit einer Sehbehinderung, über 90 Prozent von ihnen in den ärmsten Ländern der Welt, vor allem in Afrika. Die Not ist also groß.
Die Augenhilfe Afrika e.V. hat sich schon kurz nach ihrer Gründung im September 2013 des Themas Brillen angenommen. Heute, Anfang 2025, haben wir unter unseren Mitgliedern insgesamt drei Augenoptikermeister. Vor gut 11 Jahren bei der Gründung waren es zwei. Beide, sowohl unser Vorstandsmitglied Max Heinrichs als auch die inzwischen leider verstorbene Margarethe Aretz-Schmitz, haben sich in Ambam ganz im Süden Kameruns um den Aufbau einer professionellen Augenoptikerwerkstatt gekümmert. Vor allem Max Heinrichs reiste immer wieder nach Kamerun, um diese auch bei unseren OP-Kampagnen mitgeführte Augenoptikerwerkstatt aufzubauen, auszugestalten und weiterzuentwickeln.

Mehrfach konnten wir in der Anfangsphase unserer Arbeit auch andere deutsche Augenoptiker zur Mithilfe in Kamerun gewinnen, die dann auch bei unseren OP-Kampagnen zum Einsatz kamen. Dazu zählte die Augenoptikermeisterin Natascha Happerschoß aus Mönchengladbach und die Augenoptikerin Jacqueline Christine Steiger aus Memmingen.


Der Aufbau der Augenoptikerwerkstatt war sehr erfolgreich. Zum einen können mit dieser Einrichtung Patienten aus Süd-Kamerun sowie Teilen der Nachbarstaaten Gabun und Äquatorialguinea versorgt werden und zum anderen auch die vielen Sehbehinderten, mit denen wir es bei unseren OP-Kampagnen zu tun bekommen. Schon 2015 haben wir bei unseren Augenuntersuchungs- und OP-Kampagnen insgesamt 53 maßgeschneiderte Brillen an schlechtsehende und mittellose Patienten abgegeben, und in den Folgejahren bis 2024 waren es mit einer einzigen Ausnahme nie weniger, sondern in der Regel deutlich mehr. Insgesamt konnten wir bei unseren Kampagnen bis Ende 2024 genau 865 maßgeschneiderte Brillen verteilen.
Wichtig beim Thema Augenoptikerwerkstatt ist natürlich vor allem auch fachkundiges Personal. Zwar haben wir im Laufe der Jahre auch fertig ausgebildete einheimische Augenoptiker eingestellt, die es in Kamerun durchaus gibt. Vor allem aber haben wir uns um die Ausbildung von Nachwuchskräften gekümmert. Dabei hat uns Théodore Mbega, der Chef der kamerunischen Optiker-Vereinigung, sehr geholfen.

Die erste von uns finanzierte Ausbildung zur Augenoptikerin erhielt Dominique Chieuteu. Es folgten Antoinette Bassom und schließlich als erster männlicher Auszubildender Habaga Elisée. Alle drei haben inzwischen zum Teil mehrfach an unseren OP-Kampagnen teilgenommen und dabei ihre Fähigkeiten sowohl unter Beweis gestellt als auch intensiv eingebracht.






Bei unseren OP-Kampagnen ermitteln wir jeweils zunächst, welche der hilfesuchenden Patienten eine Operation benötigen. Der überwiegende Teil dieser Eingriffe (90% oder mehr) dient der Behandlung von Grauem Star (Katarakt). Allerdings stellt sich bei einem Großteil der Patienten heraus, dass eine Sehhilfe in Form einer Brille ausreicht, um ihre Lebensqualität entscheidend zu verbessern.
Um eine bestmögliche Sehkorrektur zu erreichen, führen wir bei allen Patienten eine gründliche augenmedizinische Untersuchung mit modernster Gerätetechnik durch. In vielen Fällen ist bereits eine einfache Lesebrille ausreichend, um die Sehschärfe im Nahbereich signifikant zu verbessern. Lesebrillen haben wir häufig in größeren Mengen vorrätig und können sie direkt vor Ort abgeben. Bedarfsweise fertigen unsere Augenoptiker aber auch passgenaue Brillengläser an, die sie dann in vorhandene Fassungen einarbeiten.




Gelegentlich verbergen sich hinter den hilfesuchenden Patienten bedrückende Schicksale. Ein Beispiel dafür ist Aïchatou, ein elfjähriges Mädchen, das wir 2018 bei unserer OP-Kampagne im Flüchtlingslager von Gado-Badzere an der Grenze zur Zentralafrikanischen Republik kennenlernten. Die Situation dort war ohnehin schon fürchterlich. Zusätzlich litt das Kind an AIDS und war stark kurzsichtig. Sie sah alles nur verschwommen und konnte sich im Lager kaum zurechtfinden. Sie bekam dann eine maßgeschneiderte Brille angepasst und konnte wieder normal am Leben teilnehmen, soweit das in einem Flüchtlingslager der vorliegenden Art überhaupt möglich ist. Aïchatou war jedenfalls erst einmal überglücklich, dass sie richtig sehen konnte.


Bei jeder unserer OP-Kampagnen haben wir eine Vielzahl von Brillengestellen dabei. Diese haben die unterschiedlichsten Farben und Formen. Die Situation ist also nicht viel anders als in einem Optikergeschäft bei uns. Denn modische Gesichtspunkte und persönlicher Geschmack spielen auch in Afrika eine große Rolle.
Nachdem die Augenvermessung bei einem konkreten Patienten abgeschlossen ist, wird dieser zu dem Tisch mit den Brillengestellen geführt und darf sich dort ein ihm zusagendes Exemplar aussuchen. Ein Augenoptiker schleift anschließend die der Sehfähigkeit der beiden Augen entsprechenden Gläser passend und fügt diese in das ausgewählte Brillengestell ein. Danach erfolgt die Aushändigung der fertigen Brille an den Patienten, was regelmäßig für strahlende Gesichter sorgt.







Viele von Ihnen, liebe Freunde der Augenhilfe Afrika, haben in Ihren Schränken, Schubladen oder sonstwo noch alte Brillen liegen, die Sie vielleicht gerne für wohltätige Zwecke zur Verfügung stellen möchten. Immer wieder werden wir darauf angesprochen, ob wir solche Brillen nicht für unsere Arbeit verwenden können. Unsere Antwort darauf heißt standardmäßig „nein“. Denn das Aufarbeiten und Verfügbarmachen alter Brillen ist außergewöhnlich aufwändig, eine Arbeit, die wir nicht leisten können und auch nicht leisten wollen.
Das heißt aber nicht, dass Ihre alten Brillen in den Mülleimer wandern sollten. Denn sie haben ja durchaus noch einen Wert. Und es gibt in Deutschland erfreulicherweise eine gemeinnützige Organisation, die alte Brillen sammelt und in einer Werkstätte von Behinderten und Langzeitarbeitslosen aufarbeiten lässt und anschließend für die weltweite Verteilung sorgt: Brillen Weltweit.
Das Ziel von Brillen Weltweit ist also, gebrauchte Brillen zu sammeln und diese in Entwicklungsländern an Menschen zu verteilen, die sich keine neue Brille leisten können.
Detaillierte Informationen zu Brillen Weltweit finden Sie unter: https://brillenweltweit.de/

Sie können Ihre alten Brillen an folgende Adresse schicken:
Brillen Weltweit
Moselweißer Str. 36
56073 Koblenz
Ausreichende Frankierung ist dabei wichtig, um Mehraufwand und Mehrkosten zu vermeiden.
Eine praktischere bzw. günstigere Alternative als der Versand nach Koblenz ist für Sie möglicherweise die Abgabe Ihrer alten Brillen in einer der etwa 900 deutschen Filialen von Apollo. Dies ist eine der bekanntesten Ketten im Bereich der Augenoptik in Deutschland. Apollo arbeitet eng mit Brillen Weltweit zusammen und sorgt für die Weitergabe Ihrer alten Brillen dorthin. Der weitere Weg der Brillen zu ihrem Bestimmungsort irgendwo auf der Welt ist dann identisch mit dem bereits beschriebenen.

Im Jahr 2023 sind auf diese Weise allein bei Apollo mehr als 200.000 alte Brillen zusammengekommen. Eine beeindruckende Zahl, mit der viel Gutes bewirkt werden kann.
Mit der Spende Ihrer alten Brillen gelingen Ihnen auf einen Schlag gleich drei gute Taten:
- Die Brillen landen nicht im Müll, sondern werden wiederverwendet: Recycling im klassischen Sinne
- Ihre Spende schafft Arbeit in den Behindertenwerkstätten von Brillen Weltweit.
- Ihre Brillen schenken armen Menschen in benachteiligten Ländern der Welt neues Sehen.
Nach diesem „Werbe-Einschub“ für Brillen Weltweit und Apollo möchte ich zum Schluss noch einmal auf die Augenhilfe Afrika zurückkommen. Ich hoffe, aus dem vorliegenden Beitrag ist klar geworden, dass der Bedarf zur Versorgung notleidender und mittelloser Patienten in Afrika weiterhin riesig ist, egal, ob es dabei um Brillen geht oder um Operationen. So schnell wird uns die Arbeit nicht ausgehen, denn wir können ganz sicher noch sehr viel erreichen und vielen Menschen zu besserem Sehen oder überhaupt zum Sehen verhelfen. Vorausgesetzt, uns werden von unseren treuen Spendern die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Denn ohne ausreichende Geldmittel können wir diese überaus wichtige Hilfe für die mittellosen und notleidenden Blinden und Sehbehinderten in Afrika nicht erbringen. Umgangssprachlich lässt sich dies kurz und knapp wie folgt zusammenfassen: „Ohne Moos nix los.“
Meine von der Erfahrung geprägte Einschätzung dazu lautet jedoch: Wir können uns auf Sie verlassen. Wir vertrauen auf Sie. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.