Die Idee, nach dem Bau der neuen Augenklinik in Ambam ein weiteres Projekt dieser Art anzugehen, spukte schon seit längerer Zeit in den Köpfen der Augenhilfe-Vorstände herum. Es fehlten dafür zunächst allerdings die erforderlichen Mittel.
Doch dann rückt eine unverhoffte Großspende in Höhe von 50.000 Euro diesen Traum in den Bereich des Möglichen (s. Bericht „Spende über 50.000 Euro erhalten“ vom 7. Juli 2020). Mit dem unverhofften Geldsegen könnten wir bei unseren anstehenden Operationskampagnen rund tausend Patienten operieren und ihnen auf diese Weise das Augenlicht erhalten bzw. wiedergeben. Für in absehbarer Zukunft anstehende Operationskampagnen bereits fest eingeplante Finanzmittel würden somit wieder frei und uns für ein zweites Bauprojekt entsprechende Freiräume verschaffen.
Der großzügige Spender Dr. Jürgen L. leidet wie im oben erwähnten Beitrag schon berichtet seit inzwischen 18 Jahren an Altersbedingter Makuladegeneration (AMD), der in Deutschland mit Abstand häufigsten Erblindungsursache. Auch seine Mutter hatte diese Augenkrankheit und ist in der Folge aufgrund der seinerzeit noch mangelnden Behandlungsmöglichkeiten komplett erblindet.
Als Dr. L. selbst an AMD erkrankt, sind ihm die möglichen oder sogar wahrscheinlichen Folgen dieser Erkrankung also sehr bewusst. Auf dem linken Auge verbleiben ihm bald nur noch 3% seiner ursprünglichen Sehkraft. Doch dann kommt für ihn die Rettung. Durch neue Medikamente, die ihm nun seit inzwischen schon 9 Jahren regelmäßig gespritzt werden, kann sein Sehvermögen auf dem rechten Auge bei 70 – 80% stabilisiert werden.
Aus tief empfundener Dankbarkeit heraus will er daraufhin auch anderen blinden und von Blindheit bedrohten Menschen helfen. Er wird auf die Augenhilfe Afrika aufmerksam und entschließt sich zu der genannten außerordentlich großzügigen Spende, für die wir natürlich unendlich dankbar sind.
Als Standort für unsere zweite neu zu bauende Augenklinik ist die kamerunische Hauptstadt Yaoundé vorgesehen. Die erste Klinik hatten wir ja gerade im März diesen Jahres im südkamerunischen Ambam eröffnet (siehe die entsprechenden Berichte auf dieser Website). Im großstädtischen Yaoundé sind die Möglichkeiten, beim Bauen in die Fläche zu gehen, naturgemäß wesentlich begrenzter als im ländlichen Ambam. Deshalb müssen wir hier im Gegensatz zu Ambam in die Höhe bauen und haben als Folge ein zweistöckiges Gebäude geplant. Bauherr soll wie in Ambam unsere Partnerorganisation Fondation Médicale Kacheu sein, die 2016 von unseren beiden Augenärzten Dr. Raoul Cheuteu und Prof. Dr. Giles Kagmeni gegründet wurde und seither gemeinsam geführt wird.
In der zweiten Jahreshälfte 2020 unterbreitet der Vorstand des Vereins Augenhilfe Afrika e.V. den Mitgliedern als höchstem Entscheidungsgremium einen entsprechenden Vorschlag, dem diese geschlossen zustimmen. Die Abstimmung erfolgt ungewöhnlicherweise per Mail, denn eine Mitgliederversammlung als Präsenzveranstaltung kann 2020 wegen der Corona-Pandemie im Gegensatz zu allen vorangegangenen Jahren leider nicht durchgeführt werden.
Die Bauplanung wird in Auftrag gegeben, die Vermessungsarbeiten beginnen, und Anfang Februar 2021 wird das Baugelände frei geräumt. Leider müssen dazu auch einige stattliche Mangobäume gefällt werden.
Nach und nach beginnen die ersten konkreten Baumaßnahmen. Ein Lagerschuppen zur Aufnahme von Materialien und Werkzeugen entsteht, und der Anschluss an die städtische Trinkwasserversorgung erfolgt. Heftige Schwierigkeiten macht dagegen bis heute die Verbindung zum öffentlichen Stromnetz – aufgrund bürokratischer Hemmnisse, die es auch in Afrika reichlich gibt. Der Anschluss ist bis Redaktionsschluss dieses Berichtes und damit mehr als ein halbes Jahr nach Baubeginn immer noch nicht erfolgt. Erfreulicherweise ist allerdings ein Nachbar eingesprungen, der vorübergehend Elektrizität für die Baustelle zur Verfügung stellt. So können Verzögerungen beim Baufortschritt durch fehlenden Strom bisher vermieden werden.
Die Hanglage des Baugrundstücks erfordert einige Sondermaßnahmen, um ein Abrutschen von Erdreich und somit eine Gefährdung der Bauarbeiten und des zu errichtenden Gebäudes zu verhindern. Auf der Hangseite erweist sich eine stabile Stützmauer als erforderlich. Um eine sichere Statik zu gewährleisten, werden sehr umfangreiche Stahl-Armierungen sowohl im Fundament als auch im gesamten Gebäude eingesetzt. Die Statik der neuen Klinik soll auf jeden Fall auch strengeren europäischen Sicherheitsanforderungen genügen.
Schon bald ist die Bodenplatte gegossen, und die Mauern für das Untergeschoss werden hochgezogen. Anschließend erfolgt das Einziehen der ersten Decke, und zwar ohne Zuhilfenahme irgendeiner maschinellen Unterstützung. Vielmehr wird alles manuell mit Muskelkraft erledigt. Insgesamt knapp 30 Personen sind am Prozess beteiligt, so dass es auf der Baustelle geradezu wuselt. Eine Eimerkette wird gebildet und der unten angemischte Beton nach oben an Ort und Stelle gebracht. Morgens um 6.00 Uhr ist Arbeitsbeginn, und um 16.00 h, also nach genau 10 Stunden, ist die immerhin 285 qm große Decke fertig gegossen.
Nachdem die Decke abgetrocknet ist, werden im nächsten Schritt die Mauern des zukünftigen Erdgeschosses hochgemauert.
Der Baufortschritt erfolgt bisher weitgehend planmäßig. Auch durch die schweren Erkrankungen unserer beiden Augenärzte im Mai (wir berichteten) wird der Ablauf der Arbeiten glücklicherweise nicht oder jedenfalls nur unwesentlich beeinträchtigt. Dr. Raoul Cheuteu, der sich nach seiner schweren Corona-Erkrankung gesundheitlich wieder seiner alten Form annähert, äußert jedenfalls immer wieder seine Zufriedenheit mit dem Baufortschritt.
Wenn alles weiterhin wie vorgesehen klappt, kann die neue Klinik in Yaoundé im ersten Quartal 2022 in Betrieb genommen werden. Bis dahin werden wir sicher noch einiges an Geld auftreiben müssen, um eine angemessene medizin- und augenoptikertechnische Einrichtung im Inneren sicherzustellen. Hier hoffen wir auf die weitere Unterstützung unserer treuen Spender, ohne die bekanntlich weder der hier beschriebene Klinikneubau noch alle unsere anderen Hilfsmaßnahmen realisierbar wären.